Seminar (Zahlentheorie)

Das 10. Hilbertsche Problem

Christoph Baxa und Herwig Hauser

250053 Seminar (Zahlentheorie), Mittwoch 9 - 11 Uhr, Seminarraum C 2.07 (UZA 4), Vorbesprechung am 3. März 2010.


Das 10. Hilbertsche Problem lautet: Eine diophantische Gleichung mit irgendwelchen Unbekannten und mit ganzen rationalen Zahlenkoeffizienten sei vorgelegt: Man soll ein Verfahren angeben, nach welchem sich mittels einer endlichen Anzahl von Operationen entscheiden läßt, ob die Gleichung in ganzen rationalen Zahlen lösbar ist. Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts gelang es Yuri Matiyasevic, aufbauend auf wichtige Resultate von M. Davis, H. Putnam und J. Robinson, die Unlösbarkeit dieses Problems zu zeigen. D.h. es gibt keinen Algorithmus, mit dessen Hilfe man entscheiden kann, ob eine beliebige diophantische Gleichung lösbar ist.

In diesem Seminar wollen wir den (erstaunlich leicht zugänglichen) Beweis dieses Resultats lesen. Unser Ausgangspunkt wird dabei die Arbeit "Hilbert's tenth problem is unsolvable" von Martin Davis [1] sein. Danach werden wir die Arbeit "On the number of solutions of Diophantine equations" von Martin Davis [2] lesen, in der der folgende ergänzende Satz bewiesen wird: Es sei C eine echte, nicht leere Teilmenge von {0,1,2,3,...}∪{ℵ0}. Dann gibt es keinen Algorithmus, mit dessen Hilfe man entscheiden kann, ob die Anzahl der Lösungen einer vorgegebenen diophantischen Gleichung in C liegt.

Daran anschließend gibt es mehrere Möglichkeiten fortzusetzen. Einerseits machen es die für die Lösung des 10. Hilbertschen Problems entwickelten Methoden möglich, "Abfallprodukte" wie das folgende überraschende Resultat von J. P. Jones, D. Sato, H. Wada und D. Wiens [3] zu zeigen: Die Menge der Primzahlen stimmt mit den positiven Werten des Polynoms

(k+2)(1-(wz+h+j-q)2-((gk+2g+k+1)(h+j)+h-z)2-(2n+p+q+z-e)2
-(16(k+1)3(k+2)(n+1)2+1-f2)2-(e3(e+2)(a+1)2+1-o2)2-((a2-1)y2+1-x2)2
-(16r2y4(a2-1)+1-u2)2-(((a+u2(u2-a))2-1)(n+4dy)2+1-(x+cu)2)2-(n+l+v-y)2
-((a2-1)l2+1-m2)2-(ai+k+1-l-i)2-(p+l(a-n-1)+b(2an+2a-n2-2n-2)-m)2
-(q+y(a-p-1)+s(2ap+2a-p2-2p-2)-x)2-(z+pl(a-p)+t(2ap-p2-1)-pm)2)

überein, wobei a,b,c,...,z über die ganzen Zahlen variieren.

Andererseits kann man das 10. Hilbertsche Problem auch über anderen kommutativen Ringen R (statt Z) betrachten, d.h. die Koeffizienten und Lösungen der diophantischen Gleichung liegen in R. So wird z.B. vermutet, dass das 10. Hilbertsche Problem über dem Ring OK der ganzen Zahlen eines algebraischen Zahlkörpers K ebenfalls unentscheidbar ist - bewiesen wurde das bis jetzt allerdings nur in Spezialfällen. Das prominenteste Problem dieser Art ist die Frage nach dem 10. Hilbertschen Problem über Q, das man in der Sprache der algebraischen Geometrie folgendermaßen formulieren kann: Gibt es einen Algorithmus, mit dessen Hilfe man entscheiden kann, ob eine beliebige Varietät über Q einen rationalen Punkt besitzt? Auf diesem Gebiet hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben. Einen guten Überblick darüber vermittelt ein Übersichtsartikel von Bjorn Poonen [5].

Literatur:

  1. M. Davis, Hilbert's tenth problem in unsolvable, Amer. Math. Monthly 80 (1973), 233-269.
  2. M. Davis, On the number of solutions of Diophantine equations, Proc. Amer. Math. Soc. 35 (1972), 552-554.
  3. J. P. Jones, D. Sato, H. Wada, D. Wiens, Diophantine representation of the set of prime numbers, Amer. Math. Monthly 83 (1976), 449-464.
  4. Yu. V. Matiyasevich, Hilbert's Tenth Problem, MIT Press, Cambridge, MA, 1993.
  5. B. Poonen, Undecidability in number theory, Notices Amer. Math. Soc. 55 (2008), 344-350.
  6. A. Shlapentokh, Hilbert's Tenth Problem, Cambridge University Press, Cambridge, 2007.

Ergebnisse der Evaluation für das Seminar (Zahlentheorie).


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