START Projekt: Spektralanalysis und Anwendungen auf Solitonengleichungen
Von Wasserwellen kennt man aus der Alltagserfahrung zwei Phänomene: In Bereichen, in denen sie durch lineare Gleichungen beschrieben werden, bewirkt die so genannte Dispersion, dass Wellen zerlaufen. In Bereichen, in denen nichtlineare Effekte wirksam werden, beobachten wir das Brechen von Wellen. Umso überraschender war die Beobachtung des jungen Ingenieurs John Scott Russell im Jahre 1834, dass sich beide Effekte die Waage halten können und dann zu Wellen führen, die sich ohne Veränderung ihrer Form ausbreiten. Solche Wellen werden als Solitonen bezeichnet. Es dauerte bis 1895 bis dieses Phänomen auch theoretisch durch die Korteweg-de Vries-Gleichung (KdV) erklärt werden konnte, jedoch erst über hundert Jahre später wurde die wahre Bedeutung der Entdeckung erkannt:

Um 1955 war man davon überzeugt, dass sich die Energie eines Systems von gekoppelten Oszillatoren durch das Vorhandensein einer kleinen nichtlinearen Störung gleichmäßig auf alle Eigenschwingungen verteilen würde. Umso überraschender war das Ergebnis eines Computerexperiments von Enrico Fermi, John Pasta und Stanislaw Ulam, welches stattdessen ein quasi-periodisches Verhalten der Energieverteilung zeigte, d.h., die Energieverteilung kehrt immer wieder praktisch zur Anfangsverteilung zurück. Es dauerte weitere zehn Jahre, bis es Martin Kruskal und Norman Zabuski gelang, den Grundstein zur Erklärung dieses Phänomens zu legen, indem sie zeigten, dass das FPU Experiment durch die KdV-Gleichung beschrieben werden kann, also jene Gleichung, die auch Russels Wasserwellen beschreibt. Mehr noch, sie belegten mit weiteren Computerexperimenten, dass unabhängig von der Ausgangswellenform nach langer Zeit nur noch eine Anzahl von Solitonen überbleibt, dass Solitonen also der stabile Bestandteil von KdV-Lösungen sind! Die mathematische Lösung der KdV-Gleichung gelang kurz darauf Clifford Gardner, John Greene, Martin Kruskal und Robert Miura mit Hilfe der inversen Streutheorie aus der Quantenmechanik, wodurch zwei zuvor unzusammenhängende Gebiete plötzlich verbunden wurden. Peter Lax schlussendlich entwickelte einen einheitlichen Zugang, der die Erweiterung auf andere Solitonengleichungen erlaubte.

Seitdem hat dieses faszinierende Gebiet enormes Interesse auf sich gezogen und eine große Anzahl von wissenschaftlichen Arbeiten und Anwendungen hervorgebracht. In Glasfaserkabeln erreicht man zum Beispiel mit Hilfe von Solitonen heutzutage Übertragungsraten von (je nach Entfernung) bis zu 10TBit pro Sekunde.

Die meisten Arbeiten gehen von konstantem Hintergrund aus (keine Wellenauslenkung weit draußen). Der Fall von Solitonen, die sich auf einer periodischen Trägerwelle ausbreiten, ist noch im Anfangsstadium und wirft viele offene Fragen auf, zu deren Lösung dieses Projekt einen wichtigen Beitrag leisten soll. Die dabei auftretenden mathematischen Probleme sind sowohl in der Quantenmechanik (Streutheorie in Kristallen (Metallen) bzw. zwei gekoppelten Kristallstücken) als auch in der nichtlinearen Optik von Interesse.

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