Descartes nannte die negativen ganzen Zahlen auch ``falsche Zahlen''.
4.1 Konstruktion von
.
Um auch für natürliche Zahlen
Gleichungen der Form
zu lösen,
benötigen wir ein Inverses (welches wir mit
bezeichnen)
zu jedem
.
Da in jeder Gruppe das neutrale Element
invers zu sich selbst ist, ist
.
Somit sollte die Menge der ganzen Zahlen durch
gegeben sein.
Um die Operationen für
ohne Fallunterscheidungen zu definieren,
betrachten wir für
ein Symbol
(die virtuelle Lösung der Gleichung
).
Die Menge
sollte auch als Menge
aller Lösungen beschrieben werden können.
Wir versuchen nun mit diesen Lösungen
zu rechnen.
Natürlich erwarten wir, daß
durch
gegeben ist, wobei
das (zu findende) Inverse von
ist.
Wegen
sollte
sein.
Dies sieht man auch wie folgt ein:
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|
![]() |
Diese Relation ist mit der Addition verträglich
(man sagt
ist eine Kongruenzrelation),
denn aus
und
folgt
da
Die Multiplikation auf
erweitert sich ebenfalls zu einer Operation
auf
durch
.
Idee dabei ist
.
Auch diese Operation ist mit
verträglich, denn
aus
, also
, folgt
, d.h.
.
Also ist auch
eine kommutative Halbgruppe mit
.
Weiters gilt das distributiv-Gesetz, d.h.
ist ein kommutativer Ring mit
.
Allerdings ist
kein Körper
den außer
hat kein einziges Element
ein multiplikatives
Inverses.
Trotzdem ist
ein Integritätsbereich, d.h.
es ist ein kommutativer Ring mit 1, der nullteilerfrei ist.
4.2
Unendliche Zifferndarstellung negativer ganzer Zahlen.
Wendet man das übliche Verfahren zur Berechnung der Differenz
zweier Zahlen auch im Falle
an so erhält man z.B. für Dezimalzahlen
in der Binärdarstellung:
binär | hexadezimal | unsigned byte | signed byte |
00000000 | 00 | 0 | 0 |
00000001 | 01 | 1 | 1 |
&vellip#vdots; | &vellip#vdots; | &vellip#vdots; | &vellip#vdots; |
01111110 | 7E | 126 | 126 |
01111111 | 7F | 127 | 127 |
10000000 | 80 | -128 | 128 |
10000000 | 81 | -127 | 129 |
&vellip#vdots; | &vellip#vdots; | &vellip#vdots; | &vellip#vdots; |
11111110 | FE | -2 | 254 |
11111111 | FF | -1 | 255 |
4.3 Restklassenringe.
Auch die Restklassenringe
für
sind kommutative Ringe
mit 1, wobei
die Addition und Multiplikation von Klassen durch
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|
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Insbesonders sind
und
Integritätsbereiche (und sogar Körper,
wie wir in (4.7) zeigen werden)
,
und
hingegen nicht einmal Integritätsbereiche.
4.4 Definition.
Es sei
ein Integritätsbereich und
.
Dann heißt
Teiler von
falls
ein
existiert mit
.
Ein größter gemeinsamer Teiler (kurz ggT)
von
und
ist ein Element
welches
und
teilt, und welches von jedem anderen gemeinsamen Teiler
geteilt wird.
Falls 1 ein größter gemeinsamer Teiler ist, so heißen
und
relativ
prim.
4.5 Proposition. Charakterisierung des ggT.
Die Menge
der größte gemeinsame Teiler zweier Elemente
und
eines Integritätsbereichs erhält man durch Multiplikation eines ggT mit allen
Einheiten (d.h. invertierbaren Elementen).
In
Beweis. Es sei
Sei nun
ein ggT von
und
und
eine Einheit, dann ist
ebenfalls ein ggT von
und
:
Nach obigen ist
ein Teiler von
und
.
Sei
ein weiterer gemeinsamer Teiler von
und
.
Dann ist
ein Teiler von
. Da
invertierbar ist, existiert
und ist auch eine Einheit. Somit ist auch
ein Teiler
von
, d.h. es existiert ein
mit
, also
, somit ist
auch Teiler von
.
Sei schließlich
ein weiterer ggT von
und
. Dann
teilen sich
und
gegenseitig, also existieren
und
mit
und
, also
ist
und da wir Nullteilerfreiheit
vorausgesetzt haben (und Teiler nicht 0 sind)
ist
, also
eine Einheit mit
.
'ed
Euklid'ischer Algorithmus.
Man kann den ggT von
wie folgt bestimmen (ohne die aufwendige
Bestimmung der Primfaktorenzerlegung von
und
).
Sei dazu O.B.d.A.
.
Wir setzen
und
und berechnen mittels Division mit Rest rekursiv
und
mit
mit
.
Nach höchstens
Schritten ist
. Das letzte
ist dann ein ggT
von
und
.
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||
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|
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|
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Beweis. Aus der letzten Gleichung der Rekursion folgt, daß
Weiters können wir die Gleichungen rekursiv bei der vorletzten Gleichung beginnend nach oben fortschreitend auflösen und erhalten:
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|
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||
![]() |
||
![]() |
||
![]() |
||
![]() |
Falls ein
sowohl
als auch
und damit die rechte Seite teilt, so
teilt
auch die linke Seite
.
Also ist
ein ggT von
und
.
[]
4.6 Beispiel.
Wir bestimmen mittels Euklid'ischen Algorithmus den ggT von
und
:
Fortgesetze Division mit Rest liefert:
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|
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|
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4.7 Folgerung.
Eine Restklasse
ist genau dann eine Einheit, wenn
1 ein ggT von
und
ist, d.h.
und
relativ prim sind.
Somit ist
genau dann ein Körper, wenn
eine Primzahl ist.
Beweis. Wegen dem Euklid'ischen Algorithmus ist
Polynome
3.32 Definition.
Unter einem reellen Polynom
verstehen wir eine Funktion
, welche durch
mit
und
gewissen Koeffizienten
gegeben ist.
Manchmal ist es günstiger Polynome als formal unendliche Summen
zu schreiben, wobei halt in Wirklichkeit
fast alle Koeffizienten
gleich 0 sind,
d.h. alle bis auf endlich viele.
Wir können Funktionen
addieren und multiplizieren:
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|
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Da reelle Polynome
eindeutig durch ihre Koeffizienten
beschrieben
werden (siehe (4.13a)), können wir diese auch als die Teilmenge
Allgemeiner sei nun
ein kommutativer Ring mit 1 und
eine Menge.
Dann ist auch die Menge
aller Abbildungen
ein
kommutativer Ring mit 1 vermöge der Operationen:
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|
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|
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Jedes Polynom
können wir natürlich als polynomiale Funktion
vermöge
auffassen.
Dies liefert einen Homomorphismus (d.h. Abbildung, die mit Addition und
Multiplikation verträglich ist)
, der aber für
endliche Ringe
nicht injektiv zu sein braucht.
Für
z.B. ist die zum Monom
gehörende
polynomiale Funktion
für jedes
durch die Identität
gegeben.
Man schreibt statt der Folge
üblicherweise
die ``formale Summe''
damit die Formeln für die Addition
und Multiplikation sich durch formale Anwendung des distributiv-Gesetzes
ergeben.
Der Grad
eines Polynoms
ist der größte Index
der nicht verschwindenden Koeffizienten
diese Polynoms,
oder wie man auch sagt der Index des führenden Koeffizienten.
Es ist
und
falls
ein Integritätsbereich ist.
Für das Nullpolynom ergäbe sich daraus
für alle
Polynome
. Diese Gleichung in
ist in
nicht lösbar, aber
erfüllt sie, also setzt man
.
Die Summanden
heißen auch Monome vom Grad
.
Man schreibt oft
für die Menge der Polynome vom
Grad kleiner oder gleich
.
4.8 Lemma.
Ein reelles Polynom
(oder allgemeiner Polynom mit Koeffizienten in einen
Körper) besitzt genau dann ein multiplikatives Inverses, d.h. ist eine Einheit, wenn
, d.h.
konstant aber nicht 0 ist.
Beweis. Sei
4.9 Folgerung.
Falls
ein Integritätsbereich ist, so ist auch der Ring
der Polynome mit Koeffizienten in
ein solcher.
Beweis. Es seien
4.10 Bemerkung.
Wie bei ganzen Zahlen, können wir auch bei reellen Polynomen (oder allgemeiner
bei Polynomen mit Koeffizienten in einem Körper) die
Division mit Rest durchführen:
Wir fassen dazu die Koeffizienten
als
-te ``Ziffer''
von rechts gezählt auf.
Z.B. ist
4.11 Horner-Schema.
Es sei
ein Polynom
mit Koeffizienten aus
einem Ring
und
.
Division durch
mit Rest liefert ein Polynom
und Rest
mit
.
Wir versuchen nun eine Formel für Koeffizienten
und Rest
zu finden.
Es ist
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![]() |
|
![]() |
Induktive Anwendlung liefert das vollständige Horner-Schema
zur Darstellung
eines Polynoms
als Linearkombination von Potenzen von
,
d.h.
.
4.12 Definition.
Unter einer Nullstelle einer Funktion
, versteht
man ein
mit
.
Falls
ein Polynom ist, so spricht man auch von einer Wurzel
von
.
4.13 Proposition.
Es sei
ein Polynom und
.
Dann gilt:
teilt
:
Beweis. Da
4.13a Folgerung. Koeffizientenvergleich.
Es sei
ein Polynom vom Grad
und
ein
Integritätsbereich.
Dann besitzt
höchstens
Nullstellen.
Ist also
für unendlich viedle (oder zumindestens
viele
), dann sind alle Koeffizienten
.
Beweis. Es seien
5.19 Proposition.
Es sei
ein Polynom mit Koeffizienten in
und
eine rationale Nullstelle
von
mit relativ primen
und
.
Dann wird der führende Koeffizient von
durch
und der 0-te
Koeffizient durch
geteilt.
Dies kann dazu verwendet werden die rationalen Nullstellen eines Polynoms durch Probieren zu finden.
Beweis. Es sei also
4.14 Proposition. Vieta'scher Wurzelsatz.
Der
-te Koeffizient von
ist durch
gegeben, wobei
die
-te elementarsymmetrische Funktion ist.
Im Fall
Beweis. Wenn man
4.15 Euklid'ischer Algorithmus für Polynome.
Wie für ganze Zahlen können wir den Euklid'ische Algorithmus
auch dazu verwenden um einen ggT in
zweier Polynome
und
zu bestimmen.
Wir müssen dazu nur rekursive Division mit Rest ausführen bis wir
bei Rest 0 landen. Der letzte Rest davor ist dann ein ggT.
Sei z.B.
und
.
Fortgesetze Division mit Rest liefert
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![]() |
Komposition von Polynomen.
Wenn wir Polynome als Abbildungen
auffassen, so können wir diese
auch zusammensetzen, und erhalten somit allgemein eine Komposition:
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![]() |
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|
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4.16 Bemerkung.
Jenes Polynom minimalen Grades, welches
an den Stellen
die Werte
hat, heißt Interpolationspolynom und ist durch die
Lagrange'sche Interpolationsformel
Beweis. Offensichtlich ist
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4.17 Inklusions-Exklusions-Prinzip.
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|
wobei wir ![]() |
Mit
Beweis. Wir zeigen die erste Formel mittels Induktion nach
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||
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Die zweite Formel folgt mittels de Morgan'schen Gesetzen aus der ersten, denn
Andreas Kriegl 2002-02-01