15.2 Metriken

Um die Fehler, die wir beim Approximieren machen abschätzen zu können, müssen wir die Distanz zwischen wahren und approximierten Punkt messen. Wir fassen die wesentlichen Eigenschaften der Distanzfunktion nun zusammen, um unabhängiger davon zu werden, welche Objekte wir vergleichen, wie z.B. reelle Zahlen, komplexe Zahlen, Punkte oder Kurven in der Ebene oder im Raum, etc. .


15.2.1 Definition. Metrik.
Die Abstands- oder auch Distanzfunktion $ d:(x,y)\mapsto d(x,y):=\vert x-y\vert=\sqrt{\sum_k \vert x_k-y_k\vert^2}$, $ d:\mathbb{R}^p\times \mathbb{R}^p\to\mathbb{R}$ oder $ d:\mathbb{C}^p\times \mathbb{C}^p\to\mathbb{R}$ hat folgende Eigenschaften

(d0)
(Positiv) Definitheit: $ d(x,y)=0\Leftrightarrow x=y$
(d1)
Symmetrie: $ d(x,y)=d(y,x)$
(d2)
Dreiecksungleichung: $ d(x,z)\leq d(x,y)+ d(y,z)$
Allgemeine heißt eine Abbildung $ d:X\times X\to\mathbb{R}$ eine Metrik auf einer Menge $ X$, falls die Eigenschaften (d0), (d1) und (d2) erfüllt sind. Eine Menge $ X$ zusammen mit einer Metrik $ d$ heißt metrischer Raum. Beachte, daß jede Metrik $ d(x,y)\geq 0$ erfüllt, denn $ 0=d(x,x)\leq d(x,y)+d(y,x)=2d(x,y)$.


15.2.2 Beispiele von Metriken.

$ \bullet$
Die euklidische Metrik: Sei $ X\subseteq \mathbb{C}^n$. Dann ist

$\displaystyle d(x,y):=\vert x-y\vert:=\sqrt{\sum_{i=1}^n\vert x_i-y_i\vert^2}
$

eine Metrik auf $ X$ wegen der Dreiecksungleichung für Längen von Vektoren.
$ \bullet$
Die Taxi-Metrik: $ d(x,y):=\sum_k\vert x_k-y_k\vert$ ist ebenfalls eine Metrik auf $ X\subseteq \mathbb{C}^n$.
$ \bullet$
Die Maximums-Metrik: $ d(x,y):=\max\{\vert x_k-y_k\vert:1\leq k\leq n\}$ ist auch eine Metrik auf $ X$.
$ \bullet$
Die Supremums-Metrik: $ d(x,y):=\sup\{\vert x(t)-y(t):t\in T\}$ ist eine Metrik auf der Menge der Funktionen $ x:T\to\mathbb{R}$, welche beschränkt sind, d.h. $ d(x,0)<{\infty}$ erfüllen.
$ \bullet$
Die Hamming-Metrik: Es sei $ X$ die Menge der endlichen Folgen von Elementen einer Menge $ A$ und sei $ d(x,y)$ die Anzahl der Stellen an welchen sich $ x=(x_1,\dots,x_n)$ von $ y=(y_1,\dots,y_m)$ unterscheidet.


15.2.3 Definition. Bälle.
Es sei $ d$ eine Metrik auf einer Menge $ X$, $ x_0\in X$ und $ r>0$. Dann heißt die Menge $ U_r(x_0):=\{x\in X:d(x,x_0)<r\}$ der offene Ball um $ x_0$ mit Radius $ r$ oder auch $ r$-Umgebung. Ebenso heißt die Menge $ B_r(x_0):=\{x\in X:d(x,x_0)\leq r\}$ der abgeschlossene Ball um $ x_0$ mit Radius $ r$. In obigen Beispielen mit $ n=3$ sind dies

$ \bullet$
Eine Kugel
$ \bullet$
Ein Oktaeder
$ \bullet$
Ein Würfel
Image ..//pic-003.gif


15.2.4 Definition. Beschränktheit.
Eine Teilmenge $ M\subseteq X$ eines metrischen Raumes heißt beschränkt, wenn ihr Durchmesser $ d(M):=\sup\{d(x,y):x,y\in M\}$ endlich ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn sie in einem Ball mit hinreichend großen Radius enthalten ist, denn:
( $ \Leftarrow$) $ M\subseteq B_r(x_0)$ $ \Rightarrow$ $ \forall x,y\in M$: $ d(x,y)\leq
d(x,x_0)+d(x_0,y)\leq 2r$ $ \Rightarrow$ $ d(M)\leq 2r$.

( $ \Rightarrow$) Es sei $ d(M)<{\infty}$ und $ x_0\in M$, dann ist $ M\subseteq B_{d(M)}(x_0)$, denn für $ x\in M$ ist $ d(x,x_0)\leq d(M)$.


15.2.6 Definition. Intervalle.
Unter einen Intervall $ I\subseteq \mathbb{R}$ versteht man eine nicht-leere Teilmenge die mit je zwei Elementen $ a,b\in I$ auch alle dazwischenliegenden enthält. Jedes Intervall $ I$ ist also von der Form $ I=\{x\in\mathbb{R}:\alpha <x<\beta \}=:(\alpha ,\beta )$ oder $ I=\{x\in\mathbb{R}:\alpha \leq x<\beta \}=:[\alpha ,\beta )$ oder $ I=\{x\in\mathbb{R}:\alpha <x\leq \beta \}=:(\alpha ,\beta ]$ oder $ I=\{x\in\mathbb{R}:\alpha \leq x\leq\beta \}=[\alpha ,\beta ]$, wobei $ \alpha :=\inf(I)\in \mathbb{R}\cup\{-{\infty}\}$ und $ \beta :=\sup(I)\in\mathbb{R}\cup\{+{\infty}\}$.




15.2.7 Lemma. Charakterisierung von Intervallen.
Eine mindestens 2-elementige Teilmenge \bgroup\color{proclaim}$ I\subseteq \mathbb{R}$\egroup ist genau dann ein Intervall, wenn jeder Dedekind'sche-Schnitt von \bgroup\color{proclaim}$ I$\egroup eine Teilungszahl in \bgroup\color{proclaim}$ I$\egroup besitzt.

Beweis. Sei \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall und \bgroup\color{demo}$ (A,B)$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ I$\egroup. Sei \bgroup\color{demo}$ A':=\{x\in \mathbb{R}:\exists a\in A:x\leq a\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ B':=\{x\in\mathbb{R}:\exists b\in B:x\geq b\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ (A',B')$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup und besitzt somit eine Teilungszahl \bgroup\color{demo}$ t\in\mathbb{R}$\egroup. Für \bgroup\color{demo}$ a\in A\subseteq I$\egroup und \bgroup\color{demo}$ b\in B\subseteq I$\egroup ist \bgroup\color{demo}$ a\leq t\leq b$\egroup, also auch \bgroup\color{demo}$ t\in I$\egroup, da \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall ist.

Sei umgekehrt \bgroup\color{demo}$ I$\egroup eine Teilmenge von \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup, für die jeder Dedekind'sche Schnitt eine Teilungszahl besitzt. Sei \bgroup\color{demo}$ \alpha :=\inf(I)\in\mathbb{R}\cup\{-{\infty}\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ \beta :=\sup(I)\in\mathbb{R}\cup\{+{\infty}\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ I\subseteq [\alpha ,\beta ]$\egroup. Sei \bgroup\color{demo}$ \alpha <t<\beta $\egroup und \bgroup\color{demo}$ A:=\{x\in \mathbb{R}:x<t\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ B:=\{x\in \mathbb{R}:x\geq t\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ (A,B)$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup und auch von \bgroup\color{demo}$ I$\egroup und \bgroup\color{demo}$ t$\egroup ist seine Teilungszahl und somit nach Voraussetzung in \bgroup\color{demo}$ I$\egroup, d.h. das offene Intervall \bgroup\color{demo}$ (\alpha ,\beta )\subseteq I$\egroup, und somit \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall.     []

Andreas Kriegl 2002-07-01