4.4.1 Definition.
Unter einer gewöhnlichen Differentialgleichung 1.ter Ordnung
versteht man eine Gleichung der Form
wo
für ein offenes Intervall
in
,
welches
enthält
und eine offene Umgebung
von
in einem endlich dimensionalen
Vektorraum
und wobei die Lösung
eine
differenzierbare Kurve auf einen offenen Intervall
sein soll, welches
enthält.
4.4.4 Picard-Lindelöf Theorem.
Es sei
stetig
und bzgl. der zweiten Variable Lipschitz,
wobei
der abgeschlossene Ball im Euklidischen Raum
mit Mittelpunkt
und Radius
sei.
Weiters, sei
.
Dann existiert eine eindeutige (iterative erhaltbare) Lösung
der Differential-Gleichung

mit
Beweis.
Aus
folgert man
und da
stetig ist erhalten wir
und somit
Um den Banach'schen Fixpunkt-Satz 2.4.6 anzuwenden, übersetzen wir die
Differential-Gleichung in eine äquivalente(!)
Integral Gleichung auf dem abgeschlossenen Ball
des vollständig metrischen Raumes
.
Aus
und
erhalten wir mittels dem Hauptsatz
. Also ist
.
Aus
erhalten wir
welches gegen
konvergiert wegen dem ersten Hauptsatz.
Die entsprechenden Integral-Operatoren
lassen
invariant, denn für
und
gilt
Und wenn man die äquivalente Norm
verwendet, sind sie eine
-Kontraktion, denn
Also ist der Banach'sche Fixpunktsatz
anwendbar und wenn man mit einer beliebigen Funktion in
z.B. der konstant
startet und rekursiv
definiert. Dann konvergiert
in
gegen den eindeutigen Fixpunkt
, die Lösung der Differentialgleichung.
[]
4.4.5 Beispiel.
Es sei
.
Die Lösung
der Differentialgleichung
mit
Anfangsbedingung
können wir mittels Separation der Variablen
bestimmen:
Die Lösung existiert somit nur auf den Intervall
ganz im Unterschied zur global definierten Funktion
Für lineare Differentialgleichungen hingegen
passiert dieses Schrumpfen des Definitionsbereiches nicht:
4.4.6 Folgerung (Lineare Differential-Gleichung).
Es sei
,
dann existieren die Lösungen dort wo
und
stetig sind. []
4.4.7 Bemerkung.
- Falls
konstant und
ist, dann ist die Lösung
.
In der Tat können wir wieder Separation der Variablen durchführen und erhalten:
- Dies gilt auch für
, wobei
für alle
konvergiert.
- Falls
ein Eigenvektor zum Eigenwert
von
ist, d.h.
gilt,
so liefert eine Variation der Konstanten
den Ansatz
. Dies ist genau dann eine Lösung der
Differentialgleichung
, wenn
,
also
und somit
ist.
Beachte, daß jede Linearkombination von Lösungen einer homogenen
linearen Differentialgleichung selbst wieder eine Lösung ist.
Wenn also
Eigenvektoren von
mit Eigenwerten
sind, so ist auch
eine Lösung zum Anfangswert
. Wenn die
eine Basis bilden, so kann daraus jede
Lösung berechnet werden.
- Betrachten wir nun insbesonders den 2-dimensionalen Fall
einer homogenen lineare Differentialgleichung
Es seien
und
die beiden Eigenwerte dieser
-Matrix
und
und
zugehörige Eigenvektoren. Dann können die folgenden Fälle auftreten:
-
und
. Dann ist
und alle Lösungen konstant.
-
und
. Dies ist z.B. für
,
der Fall, also für
die Differentialgleichung
,
, d.h.
und
. Die Lösungskurven sind also
affine Geraden parallel zum Eigenvektor.
-
. Dies ist z.B. für
,
der Fall, also
für die Differentialgleichung
,
, d.h.
und
. Die Lösungskurven sind also durch die
Exponentialfunktion parametrisierte Halbgeraden parallel zum Eigenvektor
.
Je nach dem ob
oder
geht die Lösung für
oder
gegen die
-Achse.
-
und
.
Dann ist
und die Lösungen sind
,
parametrisieren also gerade die Halbstrahlen durch 0.
Je nach dem ob
oder
geht die Lösung für
oder
gegen 0.
-
und
. Dies ist z.B. für
,
,
der Fall,
also für
,
, d.h.
und
wobei
ist, also
.
Die Lösungskurven gehen für
gegen 0 und
und schneiden
dabei die
-Achse zum Zeitpunkt
.
-
oder
. Dies ist z.B. für
,
,
der Fall. Die Lösungen
,
beschreiben halbe verallgemeinerte Parabeln
die tangential an
liegen.
-
. Wie zuvor sind die Lösungen
und
und wegen
beschreiben diese verallgemeinerte Hyperbeln
.
-
und
.
Dies ist z.B. für
,
,
der Fall, also für die
Differentialgleichung
,
. Damit ist
und somit
und
.
Dann ist
und
.
Sei nun
, dann ist
und
.
Die Lösungen parametrisieren also konzentrische Kreis um 0.
Mittels der komplexen Lösungen
können wir das ebenfalls erhalten indem wir deren Summe
bzw.
das
-fache der Differenz
betrachten.
-
und
.
Dies ist z.B. für
und
der Fall mit Eigenwerten
. Komplexe Eigenvektoren sind
also sind
und
zwei komplexe Lösungen.
Die Summe dieser Lösungen liefert
und die Differenz
.
Also ist die reelle Lösung mit Anfangswert
durch
gegeben, parametrisiert
somit eine Spirale die für
gegen 0 bzw.
konvergiert
und dabei unendlich oft um 0 herumläuft.
- Ist
beliebig, dann folgt aus
formal
und somit
Einsetzen zeigt, daß dies in der Tat die Lösung der Differentialgleichung ist.
- Ist
beliebig, so erhält man die Lösung
der inhomogenen Gleichung
durch Variation der Konstanten der Lösung
der homogenen Gleichung
, d.h.
.
Dann ist
also
, d.h.
.
- Ist
eine Zeit-unabhängige Differentialgleichung
und
, so ist
eine stationäre Lösung ein sogenannter Fixpunkt.
Indem man die Ableitung
von
betrachtet, kann man
im generische Fall zeigen, daß sich die Lösungen der Differentialgleichung
nahe
im wesentlichen so wie jene der linearen
Differentialgleichung
verhalten.
Folgerung.
Das Theorem 4.4.3 gilt auch
für Zeit-abhängige Differential-Gleichungen mit allgemeiner
Anfangsbedingung

und
Beweis.
Es sei
eine Lösung von

und
Wir betrachten für
die Differential-Gleichung
mit Anfangswert
.
Also ist das Problem auf eine Zeit-abhängige
Gleichung mit spezieller Anfangsbedingung
und Parameter
reduziert.
[]
4.4.9 Bemerkung. Differentialgleichungen höherer Ordnung.
Unter einer Differentialgleichung
-ter Ordnung versteht man eine
Gleichung der Form
wobei
eine lokal definierte Abbildung
ist und
die Lösung
lokal
-mal differenzierbar sein soll.
Wenn man
,
, ...,
für eine Lösung
setzt. Dann ist
eine Lösung der gewöhnlichen
Differentialgleichung 1. Ordnung:
wobei
gegeben ist durch
Umgekehrt liefert auch jede Lösung
von
eine Lösung
von
.
Ist insbesonders
, so ist
linear in
und wird durch die Matrix
gegeben.
Deren Eigenwerte
sind gerade
die Lösungen der Gleichung
und somit durch Entwicklung nach der letzten Zeile
von
0 |
 |
|
|
 |
|
Andreas Kriegl
2001-07-01